Am Sonntag, den 23.02.2020, hieß es Abschied nehmen von Gentle Annie. Wir fuhren zuerst einmal zum Einkaufen nach Westport. Dort sind wir ja vor ein paar Tagen schon einmal gewesen.
Dann bogen wir von der Great Coast Road ab. Die Fahrt führte weiter ostwärts durch die Lower Buller Gorge, also den unteren Teil der Buller-Schlucht. Zur Erinnerung: in der Upper Buller Gorge waren wir schon einmal um zum Beispiel in Murchison Jetboot zu fahren.


Die Fahrt durch die Schlucht war sehr schön, die Straße war teilweise an und in den Steilhang hinein gebaut und 3 bis 4 mal sogar einspurig.

Immer wieder gab es schöne Aussichten auf den Fluss, da auch das Wetter mitspielte, wie hier am Kilkenny Lookout.

Mittlerweile war die Mittagszeit gekommen und an einer Art Rastplatz stellten wir den Camper ab, kochten uns ein Instant-Süppchen (wie so oft) und genossen auf unseren Stühlen die Sonne.

Wir hatten überlegt, ob wir in Berlins stehen bleiben sollten, aber nachdem wir die Campsite dort gesehen hatten, beschlossen wir, bis nach Reefton weiter zu fahren.

Berlins bestand eigentlich nur aus dem Hotel mit Café (und Campingplatz) und den umliegenden Gebäuden. Dort war auch die Grenze zwischen der Upper und der Lower Buller Gorge.

Die Straße nach Reefton bog aus der Buller Schlucht ab und führte in ein anderes Seitental, dass sehr breit und ziemlich flach war.

Bei schönem Wetter rollten wir in Reefton ein. Wie immer war es mehr oder weniger eine Hauptstraße an der sich alle Shops, Restaurants und die sonstigen Einrichtungen befanden.

Reefton ist eine alte Goldgräber- und Kohleminenstadt, die es zu diesen Zeiten zu einigem Reichtum gebracht hatte. Sie konnte sich als erste Stadt der südlichen Hemisphäre ab August 1888 eine elektrische Straßenbeleuchtung leisten und nennt sich daher auch noch heute „Stadt des Lichtes“. Ein paar alte Straßenlaternen sahen wir noch, ob es die ersten waren, fanden wir nicht heraus.

In der Touristeninformation fanden wir Vorschläge zum Wandern für den nächsten Tag. Übrigens kann man sich hier auch die Ausrüstung zum Goldwaschen ausleihen und an ausgewiesenen Stellen selbständig Gold waschen. Immerhin 3,5 km eines Seitentales waren hier dafür freigegeben. Fast hätten wir es probiert …

Aber wir fanden ein anderes „Gold“: Seit 2012 gibt es eine Destillerie in Reefton, die hochwertigen Gin destilliert.
Wir besuchten den angeschlossenen Laden, kosteten ein paar Tröpfchen und kauften uns eine kleine Flasche sehr schönen Gin („Little Biddy“). Er wird u.a. auch mit einigen der nur in Neuseeland heimischen Pflanzen destilliert und schmeckt schon etwas anders.


Die Suche nach einem Campingplatz war dann auch noch erfolgreich. Wir hatten viel Platz, die Sonne schien und wir relaxten vor unserem Camper.

Zum Abendessen gab es dann noch selbst gemachtes Mett/Hackepeter, denn ich hatte gutes Schweinehackfleisch gekauft und mit Zwiebel, Kümmel, Salz und Pfeffer gewürzt und es hat mindestens genauso gut geschmeckt wie in Deutschland.

Noch ein Wandertag
Die Nachrichten per WhatsApp ließen erkennen, dass es sich am nächsten Tag um keinen gewöhnlichen Montag handelt, sondern um Rosenmontag (24.02.2020). Hier haben wir auch keine Spur – nicht mal einen Hauch von Karneval/Fasching bemerkt. Absolut nichts. Also konnten wir das machen, was wir meistens sowieso zur Karnevals-/Faschingszeit gemacht haben, wir gehen wandern, nur diesmal etwas weiter weg.
Aus den Materialien hatten wir uns den Murray Creek Track herausgesucht. Er war beschrieben mit 9,7 km Länge und 5 Stunden Gehzeit. Da diese Angaben im Groben meist stimmen, hieß das, dass es sehr bergig wird (sonst würden wir die Strecke schneller schaffen).

Wir hatten eine kurze Anfahrt nach Blacks Point, stellten unseren Camper dort ab und begannen die Wanderung. Sie war thematisch auf die ehemaligen Gold- und Kohleminen der Umgebung ausgerichtet, von denen wir einige sehen sollten.
Die Strecke war ein Rundkurs und Moni wollte unbedingt das steile Stück am Anfang haben. Aber der Anstieg war ganz schön speziell. Wir liefen eine Stunde und mussten 400 Höhenmeter überwinden. Da haben wir heftig gekeucht und Moni war von ihrer Entscheidung auch nicht mehr so überzeugt.

Auch als wir den eigentlichen Kamm erreicht hatten, war es noch nicht vorbei, der Weg führte weiterhin bergauf und bergab. Wir sahen sogar wieder einige Pilze.
Die Reste der alten Bergwerksanlagen waren nicht zu übersehen, denn in einem Umkreis von 100 bis 200 m dieser Anlagen gedieh keine Pflanze mehr. Alles war wie abgestorben. Die Reste der Maschinen waren teilweise noch gut erhalten.

Wir konnten uns kaum vorstellen, unter welchen Umständen hier die Bergarbeiter in dieser Einöde gearbeitet haben müssen. Zuerst kamen wir an der Ajax Mine vorbei, später sahen wir noch die Reste der Inglewood Mine.

Zurück führte der Weg in einem weiten Bogen gemächlich hinunter. Es war offensichtlich der alte Fahrweg zu bzw. von den Minen.

Nach reichlich 12 km und ca. 630 Höhenmeter hinauf und auch wieder hinab kamen wir am Camper an. Moni sagte, dass sie erst einmal keine Wanderung mehr möchte (!!!). Der Fairness halber: Moni hat es gesagt, ich habe es nur gedacht…
Nach kurzer Fahrt waren wir wieder am Campinglatz und wollten nur noch ausruhen. Auch das Wetter war gnädig, nur die verflixten Sandfliegen trieben uns irgendwann in den Camper.
Am Dienstag, 25.02.2020 wollten wir unsere Reise in Richtung Süden weiter fortsetzen. Via Greymouth soll es in Richtung der Gletscher gehen: Franz Josef-Gletscher und Fox-Gletscher. Aber die heutige Etappe wollten wir gemütlich angehen und über eine Nebenstraße auf dem rechten Ufer des Grey Rivers gen Greymouth fahren. Ein Zwischenziel hatten wir uns vorgenommen: das kleine Dörfchen Blackball.
Das Tal des Grey Rivers mit seinen vielen kleinen Verästelungen und Nebenflüssen ist sehr breit. Die Täler werden intensiv landwirtschaftlich genutzt und man sieht von der Straße aus, kaum den Fluss selbst. Auch der Zugang zum Fluss ist meist durch Viehzäune versperrt.

In Blackball stellten wir unser Auto ab und wollten uns die drei Sehenswürdigkeiten des Dorfes ansehen: die (wenigen) historischen Häuser, die nach dem Niedergang der Bergwerksindustrie noch übrig geblieben sind, die Erinnerungsstätten an einen Streik im Jahr 1908, der auch die Ursprünge der Gewerkschaftsbewegung in Neuseeland darstellt und die dort ansässige Salami-Fabrik. Die historischen Häuser ließen sich an zwei Händen abzählen, sie waren links und rechts der überbreiten Dorfstraße nur wenig voneinander entfernt zu bewundern.



In einem dieser Häuser war auch die Salami-Fabrik mit einem Laden untergebracht. Natürlich kauften wir auch etwas: Zwei verschiedene Sorten Salami, einen „White Pudding“ (Black Pudding hatten wir schon oft gesehen) und zwei verschiedene Sorten Würstchen. Die Ursprünge der Fabrik begannen im Jahr 1992, als Pat Kennedy nach Reisen durch Europa auch in Neuseeland Wurst herstellen wollte. Einer seiner Fleischer ermordete im Jahr 2010 seine Frau und wurde verurteilt. Seit 2010 ist die Fabrik in Händen von Phil und Debbie Russ. Phil war übrigens Fleischer im Supermarkt New World von Greymouth.

Zur Erinnerung an den Streik von 1908 ist ein schönes Freilichtmuseum eingerichtet: „Mahi Tupuna, Museum of working class history“.

Der Streik entzündete sich an der nur 15-minütigen Mittagspause bei einer Schicht von 10 Stunden. Pat Hickey, einer der Kohlearbeiter, forderte 30 Minuten Mittagspause und rief zum Streik gegen die allgegenwärtige Kohlegesellschaft auf, denn von ihr war das gesamte Leben im Umfeld der Kohleminen abhängig. Der Streik wurde erfolgreich beendet und wurde zur Geburtsstunde der Gewerkschaftsbewegung und auch der Labour Party Neuseelands.

Das „Blackball Memorial Wheel“ steht direkt hinter dem Museum. Es hat 29 Speichen und 29 Schilder für die 29 Menschen, die beim Pike River Desaster im Jahr 2010 umgekommen sind.

In der deutschen Wikipedia gibt es einen interessanter Artikel dazu. Im Museum selbst wird vor allem angeklagt, dass die Betriebsleitung durch eine milde Geldstrafe davongekommen ist.
Kurz vor Greymouth erreichten wir die Überreste der Brunner Mine mit seinen Kohle- und Ziegelfabriken.

Auch dieser Ort hat eine ähnlich traurige Historie. Im Jahr 1896 verloren 65 Bergleute bei einer Explosion ihr Leben. Unabhängig von diesem Unglück wurde die Produktion wieder aufgenommen und erreichte im Jahr 1901 ihren Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten etwa 300 Männer und Jungen in der Mine. Ein paar Jahre später wurde die Mine geschlossen, aber in kleinem Umfang ging die Produktion bis in die 30er Jahre weiter. Als letztes schloss 1968 in der Gegend die Dobson Mine, damit gibt es dort keinen Bergbau mehr.



Wir fuhren weiter nach Greymouth, diesmal bei schönem Wetter. Trotzdem änderte sich der erste Eindruck, den wir bei strömenden Regen gemacht hatten, nicht allzu sehr. Eine verlockende Stadt ist Greymouth nicht. Wir nutzten die Zeit zum Einkaufen und um später einen Platz im Kiwi Camping Park zu finden. Er liegt ein paar Kilometer südlich direkt am Meer. Leider waren auch hier die Wellen und die Strömungen so stark, dass an Baden nicht zu denken war. Zudem war das Wasser sehr kalt.


Hallo Hannes, wir wünschen Dir alles Gute zum Geburtstag, viele weitere schöne Erlebnisse, schönes Wetter wie in diesem Blog-Beitrag und wenig Sandfliegen!
Vielen Dank für die guten Wünsche an Dich und an alle, die mir auch auf anderen Wegen Glückwünsche gesandt haben.
Gruß
Hannes (im Moment bei Dauerregen in Franz Josef am gleichnamigen Gletscher….)