Im Moment geht es mir offensichtlich so, wie den meisten Zeitungsjournalisten: man weiß gar nicht mehr worüber man eigentlich schreiben soll. Alles was man in und über die persönliche Corona-Blase gedacht hat, welche Varianten es für die weitere Entwicklung gibt und warum das Schicksal es gerade so gemeint hat, wurde schon einmal gedacht und besprochen. Die Zeitungen helfen sich damit, dass mindestens die Hälfte der Zeitung aus großformatigen Annoncen der offiziellen Stellen oder von Firmen, wie Banken besteht. Der redaktionelle Teil beschäftigt sich nur noch mit den neuesten Zahlen und Geschicht(ch)en, die Corona schreibt.

Wir haben uns irgendwie arrangiert und auch unser Tagesablauf hat sich eingespielt. Nach dem Frühstück geht Moni einkaufen. Sie muss allein einkaufen gehen, da man die Supermärkte nur einzeln betreten darf. Ich bereite in der Zwischenzeit das Mittagessen vor. Nach dem Mittagessen warten wir noch, bis die tägliche Pressekonferenz der Regierung vorbei ist und die neuesten Zahlen bekannt werden. Meistens sind wir hin und her gerissen, denn auf der einen Seite sind die absoluten Zahlen nicht so hoch (derzeit zwischen 50 bis 80 neuen bestätigten Corona-Fällen pro Tag) andererseits wird immer wieder betont, dass der Lock Down mindestens 4 Wochen beträgt. Seit gestern ist die Regierung auch offiziell zufriedener, denn statt der jetzt reichlich 1000 Fälle hatte man zu diesem Zeitpunkt schon mit 4000 gerechnet. Nachmittags gehen wir zusammen oder auch Moni allein spazieren, der Radius ist aber sehr beschränkt. Zwischendurch arbeite ich viel am Laptop und bearbeite Urlaubsfilme: derzeit Peru 2013 und Namibia 2015. Aus dieser Sicht kann der Lock Down noch 2…3 Monate andauern…. Abends sehen wir uns unsere Videos an, die wir teilweise seit Jahren oder Jahrzehnten nicht mehr angeschaut haben.
Für uns ist ja nicht nur wichtig, wie es in Neuseeland weiter geht, sondern wir wollen ja nach wie vor im Juli/August weiter nach Australien. Im Moment sieht es dafür gar nicht gut aus. Australien möchte, dass alle ausländischen Touristen das Land verlassen: „International tourists should return to their home country as quickly as possible, particularly those without family support. Thousands are already doing this and others should follow their lead,” Tudge (Immigrationsminister) said.
Dies führt im Übrigen auch zu Spannungen zwischen Neuseeland und Australien. In Australien leben rund 670.000 Neuseeländer, darunter viele, die kein Dauervisum haben. Im Zuge der aufkommenden Wirtschaftskrise sollen alle arbeitslosen Neuseeländer sofort das Land verlassen, damit sie die australischen Sozialsysteme nicht belasten.
Besuch Botanical Gardens
Wenigstens ein Highlight konnten wir noch in Dunedin besichtigen, den Botanischen Garten. Zwar waren das Gewächshaus, das Restaurant und das Informationszentrum geschlossen, aber man konnte wenigstens durch die weitläufige und schöne Anlage spazieren gehen. Ein paar Impressionen:





Dunedin ist ja Universitätsstadt. Vor einem der studentischen Wohnhäuser habe ich auf dem Rückweg vom Botanischen Garten dieses Bild gemacht:

Hier werden die Flaschen in solchen blauen Plaste-Kästen gesammelt und dann abgeholt. Und die Vorliebe der Studenten für Corona-Bier ist unübersehbar. Um so schlimmer die Nachricht, dass die Corona-Produktion eingestellt ist und damit der Export in über 180 Länder bald zum Erliegen kommt.
Teddy Bear Hunt
Inspiriert von dem Buch “We’re going on a Bear hunt” des britischen Schriftsteller Michael Rosen hat die “Bärenjagd” auch Neuseeland erreicht. Dazu werden Teddies in die Fenster gestellt, damit auch in Lock Down Zeiten die vorbeilaufenden Kinder etwas zu sehen haben. Selbst die Premierministerin hat in ihrer Wohnung in Wellington zwei Bären ins Fenster gestellt. Hier ein paar Impressionen aus Dunedin:
Innenpolitik
Neuseeland ist Mitglied des Commonwealth of Nation und daher wurde die Rede der Queen als formales Staatsoberhaupt mit entsprechender Aufmerksamkeit verfolgt (Otago Daily Times):

Im gemischten Teil der Otago Daily Times habe ich sogar ein Bild von Bonn gefunden:

Langsam kommen auch die Erkenntnisse, was die Corona-Krise für die Neuseeländische Tourismusindustrie bedeutet (Quelle: Sunday Star Time, 05.04.2020).

Bei rund 4,7 Mio Einwohnern kamen jedes Jahr 3,9 Mio. ausländische Touristen, die jeden Tag 47 Mio NZ$ ausgegeben haben. Das sind 60% der 41 Mrd. NZ$, die im Tourismus in Neuseeland jährlich umgesetzt wurden. Die meisten der Angebote waren – auch preislich – auf ausländische Touristen ausgelegt. Die ersten Opfer waren das Hobbiton Movie Set (jährlich 600.000 Besucher), die 200 Angestellte entlassen mussten und die Sky City (Fernsehturm/Casino) in Auckland, die ebenfalls 200 Angestellte entlassen haben. Auch das Te Puia’s Maori Cultural Centre hat geschlossen und 160 Leute haben plötzlich keine Arbeit mehr. Die Auswirkungen sind regional unterschiedlich: in Gore, Masterton und Kaipara waren 80 bis 90 % einheimische Touristen, In Queensland waren es 38 %, 40 % im Mackenzie District und 49 % in Auckland. Experten rechnen damit, dass es bis zum Sommer 2021 dauern wird, ehe diese Lücken geschlossen werden können. Auch die 50 bis 60.000 Backpacker, die mit einem Work-and-Travel Visum durchs Land reisten, fehlen irgendwann als Arbeitskräfte.
Als Ziel wird ins Auge gefasst, die Angebote für einheimische Touristen attraktiver zu machen – auch preislich. Das wird schwierig, weil die Leute sich lieber mit Autos, Rasen mähen (Lieblingsbeschäftigung!!!) oder mit Einkaufen beschäftigen und lieber ein Bier im Pub trinken, als Bungy Jumping machen oder Jetboat fahren.
Innenpolitisch gab es hier Aufregung, da ausgerechnet der Gesundheitsminister David Clark die strengen Lock Down Regeln gebrochen hat und sich dabei auch noch erwischen ließ. Er ist mit seinem Dienstauto (mit großem Werbeporträt von ihm!) auf einen Wanderparkplatz gefahren und hat von da aus Runden mit seinem Fahrrad gedreht. Der Premierministerin reichte im Moment eine offizielle Entschuldigung, die Bevölkerung und das Parlament sehen das noch nicht so:

Jetzt kam auch noch heraus, dass er am ersten Wochenende des Lock Down seine Familie 20 km zu einem Strand gefahren hat, damit seine Familie spazieren gehen kann. Ein gefundenes Fressen für die Opposition….

Der Premierministerin hat er nunmehr den Rücktritt angeboten, aber sie sieht den Schwerpunkt im Kampf gegen den Virus und will ihn (noch) im Amt lassen.
Mit dem einsetzenden Herbst beginnt hier auch die Grippe-Saison. Für die Grippe-Schutzimpfung hat man sich etwas einfallen lassen. Die Apotheke neben “unserem” Supermarkt hat einen “Drive Thru” Schalter à la McDonald eingerichtet:

Hier kann man sich die Spritze durch das geöffnete Autofenster geben lassen, ohne auszusteigen.
Nun habe ich doch eine ganze Menge geschrieben, obwohl eigentlich nichts passiert ist….