Southland

Am Dienstag, den 19.05.2020 setzten wir unsere Fahrt fort. Die Unterkunft im Motel war nicht schlecht, trotzdem haben wir unruhig geschlafen. Am nächsten Morgen war der Himmel wolkenklar und die Temperatur erreichte das erste Mal 0°C. Es wird Zeit, dass es wieder nach Norden geht, wo es vielleicht etwas wärmer wird.

Überall Raureif

Aber wir fuhren erst einmal weiter auf der Southern Scenic Route. Eigentlich wollten wir als nächstes die Cathedral Caves besuchen, aber sie waren geschlossen. Gott sei Dank hatte ich dies schon gestern Abend im Internet herausgefunden, so dass wir keinen sinnlosen Umweg fahren mussten.

Die Straße führt durch viel Wald und einige Weiden durch die Catlins. Dörfer, geschweige denn Städte, gibt es hier nicht, es ist eine sehr dünn besiedelte Gegend.

Wir steuerten die Curio Bay an. Diese Bucht ist berühmt für ihre versteinerten Bäume, die man im Wasser sehen kann, sofern die Tide es zulässt. Hier soll es auch Pinguine und Seehunde geben, beides haben wir aber nicht gesehen. Es gibt auch einen schönen Zeltplatz, aber wir wollten heute noch bis Invercargill durchfahren.

Versteinerter Wald

Ein „Zwangsstopp“ mussten wir natürlich am Slope Point einlegen. Das ist der südlichste Punkt der Südinsel. Nachdem wir das Nordkap auf der Nordinsel erreicht hatten, nunmehr sozusagen der Antipode. Die Fahrt von Curio Bay war kurz, wir stellten das Auto ab und mussten noch 20 Minuten über Weiden laufen, bis wir den Slope Point erreichten. Weiter südlich werden wir nicht kommen, denn Stewart Island ist um diese Jahreszeit kein Reiseziel. Wir waren allein dort und konnten in aller Ruhe ein paar Selfies fotografieren und auch ein Selfie-Video musste sein.

Da nunmehr bereits Mittag war, wir aber keine Lust hatten uns selbst etwas zu essen zu machen, fahren wir in das nächste Dorf Tokanui. Im Dorfshop, der auch ein Take Away-Angebot hat, bestellen wir Fish & Chips. Wider Erwarten waren sowohl der Fisch als auch die Pommes sehr gut. Leider gab es keine Sauce oder Remoulade dazu. Und wir mussten im Auto essen, da der Laden nur Take-Away zulässt (wegen Level 2). Trotzdem hat es sehr gut geschmeckt.

Jetzt waren es nur noch knapp 60 km bis nach Invercargill. Die Fahrt führte durch eine sehr flache Landschaft, die von Viehwirtschaft geprägt ist. Sie erinnerte mich stark an Brandenburg oder Meck-Pomm …

Schon kurz nach 14:00 Uhr rollten wir in Invercargill ein, kauften noch ein und fuhren dann auf den sehr zentrumsnah gelegenen Campingplatz, wo wir auch einen schönen Standplatz fanden.

Zeltplatz in Invercargill

Wenn wir schon mal in Invercargill sind, wollen wir natürlich auch unbedingt nach Bluff. Nicht unbedingt wegen des Städtchens, sondern wegen der berühmten Bluff-Austern. Bevor wir aber heute (Donnerstag, 20.05.2020) losfahren können, müssen wir dringend unsere Gasflasche auffüllen, auch wenn wir eine Ersatzflasche haben.

Da wir jetzt das Gas weniger zum Kochen, sondern eigentlich nur noch zum Heizen benötigen, sollte es keinesfalls ausgehen. Zumal in unseren Camper nur die kleinen 4 kg Flaschen passen, die nur an bestimmten Stellen aufgefüllt werden können. Die größeren 9 kg Flaschen kann man fast überall einfach tauschen. Aber es gab in unserer Nähe eine Caltex-Tankstelle und das Auffüllen war schnell erledigt.

1 kg Gas kostet umgerechnet knapp 2 €, für eine Flasche also ca. 8 €. Mal sehen wie weit wir unter diesen Bedingungen mit einer Flasche kommen. Damit ich besser regieren kann, habe ich auch zwei verschiedene Gas-Füllstands-Messer gekauft. Eines funktioniert auf Basis der unterschiedlichen Temperaturen der Flaschenoberfläche je nach Füllung, das andere arbeitet mit Ultraschall (übrigens DOMETIC, Made in Germany).

Die Fahrt nach Bluff war kurz. Wir stellten unseren Camper ab und waren erst einmal enttäuscht. Bluff ist eine kleine, ziemlich heruntergekommene Hafen- und Industriestadt ohne Flair.

Aber wir waren ja sowieso wegen etwas anderem da. Wir liefen bis zum Stirling Point am Ende der Stadt, wo auch nach rund 2.050 km der State Highway Nr. 1 endet, den wir mehr oder weniger jetzt schon von der Nordspitze der Nordinsel bis hierher gefahren sind. Hier endet übrigens auch der Ultra-Weitwanderweg Te Araroa nach über 3.000 km.

Am Endpunkt weisen verschiedene Schilder darauf hin.

Dort befindet sich auch ein schönes Restaurant, das tatsächlich geöffnet hatte. Wir bestellen 2 x Austern, einmal 6 naturbelassene und einmal mit gebratenem Bacon gewürzt. Wir teilten uns die Portionen und waren uns einig, dass die naturbelassenen besser waren und unglaublich gut und frisch geschmeckt haben. Ein sehr schönes Erlebnis!

Vor der Rückfahrt fuhren wir noch auf einen Aussichtspunkt oberhalb von Bluff und genossen die Landschaft, auch wenn Bluff sehr stark von der Industrie geprägt ist.

Wir hatten kurz überlegt, von Bluff auf die Stewart Inseln zu fahren, aber im Winter und unter COVID-Level-2 Bedingungen haben wir das verworfen.

Bei der Rückfahrt fiel mir noch ein relativ kleines Schild auf, wo u.a. für frische Paua (das ist Maori für Abalone) geworben wurde. Wir fuhren in eine kleines, unscheinbares und nicht sehr viel Vertrauen ausstrahlendes Gewerbegebiet und wurden tatsächlich fündig.

In diesem Schuppen gab es leckere Meeresfrüchte

Hier wurden lebende Abalone verkauft. Abalone sind Schnecken, obwohl sie in asiatischen Ländern auch als Muscheln gehandelt werden und als Delikatesse gelten.
Der Chef hörte sich meinen Wunsch an und führte mich dann in einen großen Keller, wo zwei große Wannen standen (ca. 5 m lang und 1,5 m breit).

Eine Wanne war gut gefüllt mit Abalonen, die sich an den Rändern der Wanne festgesetzt hatten.

In der anderen Wanne schwammen in paar kleinere Hummer. Wir kauften eine Abalone (mit Schale reichlich 600 g), der Chef nahm sie sogar für uns aus und so fuhren wir voller Vorfreude nach Invercargill zurück.

Dort machten wir noch einen Spaziergang und zum Abendessen gab es das erste Mal in unserem Leben frische Abalone. Ich habe sie in Streifen geschnitten und in Knoblauchbutter gebraten.

Ausgelöste Abalone mit Schale

Sehr lecker, auch wenn die Abalone keinen ausgeprägten Eigengeschmack hat und das Fleisch relativ fest war.

Ähnlich wie beim Tintenfisch muss man sich beim Kochen entscheiden, ob man sie nur ganz kurz anbrät oder gleich für eine Stunde oder länger kocht. Wir hatten in Asien, z.B. in Malaysia, schon mal Abalone gegessen, aber dann in irgendwelchen Currys versteckt und nicht extra wahrnehmbar.

Wir machten es dann in unserem Camper wieder gemütlich und waren mit dem heutigen Tag sehr zufrieden.

COVID-19

Auch heute gab es keine neuen Fälle mehr in Neuseeland. Die Regierung will alle 14 Tage die Situation bzgl. Level-2 neu bewerten, es ist ja schon die erste Woche vorbei. Heute wurde auch die erste offizielle App veröffentlicht, die der Kontaktverfolgung dient. Sie funktioniert quasi als eigenes Tagebuch: Man scannt an den teilnehmenden Restaurants, Geschäften usw. einen QR-Code ein und erstellt dann die Historie, anhand der dann die Kontaktverfolgung im Falle eines Falles ansetzen kann. Sie ersetzt nicht die Nachweisführung der Restaurants oder Geschäfte selbst, die nach wie vor durchgeführt werden muss. Die App gilt als Zwischenlösung, bis man eine umfangreichere, bessere Lösung gefunden hat. Ich habe sie mir mal runtergeladen und werde sie auch mal ausprobieren.


Natürlich wollten wir auch das Fjordland erkunden, aber das gestaltet sich als nahezu unmöglich. Zum einen ist die die Saison vorbei, viele Angebote galten nur bis Ende April. Auch die Fahrt zum Milford Sound werden wir nicht unternehmen. Ab Mai darf man die Straße zum Milford Sound nur noch befahren, wenn man Schneeketten dabei hat, da der höchste Pass bei knapp 1000 m Höhe passiert werden muss und man immer mit einem Wintereinbruch rechnen muss. Dazu kommt, dass der Tourismus zusammengebrochen ist und es kaum noch (oder keine?) Angebote für Fahrten auf den Milford Sound gibt. Dazu aber später mehr.

Nichtsdestotrotz war das Ziel der heutigen Etappe (21.05.2020) Manapourie am gleichnamigen See. Der Ort ist Ausgangspunkt für Ausflüge zum Doubtful Sound, der nach dem Milford Sound bekannteste Fjord. Wir fuhren wie immer nach 09:00 Uhr los. Vor uns standen etwa 180 km auf der Southern Scenic Route. Zuerst führt die Straße in Richtung Westen ziemlich nah am Meer entlang, später bog sie dann in Richtung Norden ab.

Am Anfang gab es noch winzige Dörfer, später wechselten sich Weiden und Wälder ab. Dazu blies ein unglaublich starker Wind, der unseren Camper kräftig durcheinander schüttelte. 

Den einzigen richtigen Stopp machten wir an der Suspension Bridge in Clifden. Die Kettenbrücke wurde 1899 gebaut und ist die längste Brücke Neuseelands mit einer Holzfahrbahn. Sie wurde bis 1978 genutzt und durch eine moderne Brücke wenige hundert Meter daneben ersetzt.

Wir fuhren mit einer kleinen Mittagspause durch nach Manapouri und waren dann enttäuscht bis schockiert. Der Ort war quasi menschenleer, die Campingplätze und Motels waren geschlossen. Zum Glück fanden wir dann doch noch einen ziemlich veralteten Platz, wo wir uns stehen durften.

Außer uns war noch ein Camper da. Wir richteten uns kurz ein und liefen zum Hafen – Pearl Harbour (!!). Auch dort die nächste Enttäuschung: Alle Ausflüge in den Doubtful Sound waren auf unbestimmte Zeit gecancelt.

Verlassene Schiffe….

Wir liefen am See entlang zurück und mussten uns mit dem Blick auf die Berge trösten.

Manapouri Lake mit den Hunters Mountain

Passend zur Stimmung schlug auch das Wetter um und es fing an zu regnen. Auf dem Rückweg kehrten wir schnell auf einen Cider und ein Bier in einer Kirche ein, die zu einem Restaurant umgebaut worden war.

Danach verkrochen wir uns in unseren Camper und setzten uns an unsere Rechner ….

Und auch in die Zeitung habe ich noch einmal geschaut: Nunmehr ist die Südinsel Corona-frei, d.h. es gibt keine aktiven Fälle mehr !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert